Myokine: Die unsichtbaren Heiler des Krafttrainings
Krafttraining ist weit mehr als die mechanische Beanspruchung unserer Skelettmuskulatur. Die Effekte des Krafttrainings gehen weit darüber hinaus, Kraft- und Muskelaufbau zu bewirken. Eine entscheidende Rolle spielen sogenannte Myokine…
Muskelbotenstoffe, sogenannte Myokine, haben bemerkenswerte heilende Kräfte. Sie werden durch sportliche Aktivität freigesetzt und können das Risiko für Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck und Krebs senken, das Gehirn verjüngen und das Gedächtnis verbessern. Sie wirken im gesamten Körper und verlängern das Leben. Doch was genau bewirken Myokine, und wie funktionieren sie?
Myokine gelangen nach der Freisetzung in das Blut und erreichen dort verschiedene Organe. Im Herzen binden sie sich an Muskelzellen und verhindern die Einlagerung starrer Fasern, was die Elastizität und die Schlagkraft des Herzmuskels erhält – entscheidend für die Lebensdauer des Organs. Myokine fördern zudem die Bildung neuer Hirnzellen und neuronaler Verknüpfungen, insbesondere im Hippocampus, was kognitive Abbauprozesse verlangsamt und vor Demenz schützt. Außerdem regulieren sie den Blutzuckerspiegel, indem sie die Aufnahme von Zucker in Muskelzellen verbessern und Blutzuckerspitzen nach dem Essen abmildern, was einen Schutz vor Diabetes bietet.
Myokine sind nicht nur für die inneren Organe von Vorteil; sie unterstützen auch die Fettverbrennung, insbesondere im tief liegenden Bauchfett, das hormonell aktiv ist und Entzündungen sowie Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck begünstigt. Myokine reduzieren diese negativen Effekte, indem sie das Fett schmelzen lassen und die Entzündungsaktivität im Körper verringern.
Ein weiterer positiver Effekt von Myokinen ist ihre Wirkung auf das Immunsystem. Sie helfen, übermäßige Immunreaktionen zu verhindern, indem sie die Ausschüttung entzündungshemmender Stoffe fördern. Untersuchungen zeigen, dass das Immunsystem von Menschen, die Sport treiben, weniger stark und gezielter auf Eindringlinge wie Bakterienbestandteile reagiert. Darüber hinaus scheinen Myokine das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen Krebs zu unterstützen, indem sie Immunzellen gezielt in Tumorgewebe leiten. Studien haben gezeigt, dass körperlich aktive Menschen ein geringeres Krebsrisiko haben und nach einer überstandenen Krebserkrankung länger leben, wenn sie aktiv bleiben.
Auch für die Haut scheinen Myokine Vorteile zu bieten: Hinweise deuten darauf hin, dass sie die Kollagenproduktion steigern und die Haut elastischer und widerstandsfähiger machen. Gleichzeitig unterstützen sie die Wundheilung und tragen so zur allgemeinen Hautgesundheit bei.
Myokine spielen zudem eine wichtige Rolle in der Muskelregeneration. Beim Training entstehende Mikroverletzungen in den Muskelfasern aktivieren sogenannte Satellitenzellen, die als Reparaturtrupps dienen. Myokine geben das Signal zur Reparatur und fördern das Muskelwachstum, indem sie die Produktion von Eiweißen anregen – essenzielle Bausteine für die Muskulatur.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt eine Mischung aus Kraft- und Ausdauersport: 150 Minuten moderates oder 75 Minuten intensives Ausdauertraining pro Woche, ergänzt durch zwei Krafteinheiten. Studien zeigen, dass eine Kombination aus Kraft- und Ausdauersport das Krankheitsrisiko am effektivsten senkt. Wichtig ist jedoch: Jede Bewegung zählt, und schon kleine, intensive Aktivitäten im Alltag wie Treppensteigen oder kurze Kniebeugen können positive Effekte auf die Gesundheit haben.
Wer erst mit Sport beginnt, sollte sich erreichbare Ziele setzen und Bewegung schrittweise in den Alltag integrieren. Einfache Aktivitäten wie Aufstehen, kurze Spaziergänge oder Fahrradfahren können zu einer gesunden Routine werden. Der Gedanke an die Myokine, die bei jeder Bewegung freigesetzt werden und ihre heilenden Kräfte im Körper entfalten, kann dabei helfen, motiviert zu bleiben.